Die Nachricht kam nicht plötzlich, aber früher als angenommen. Noch vor wenigen Wochen hatte ich mit seinem Manager, Dan Grey, gesprochen. Er gab mir die schöne Nachricht, dass die Therapien besser angeschlagen hätten als erwartet. Man gehe jetzt davon aus, dass Howard vielleicht noch vier Jahre zu leben habe. Nun ist Howard Marks an seinem Krebsleiden doch schon gestorben.
Natürlich gehen einem all die Bilder automatisch noch mal durch den Kopf, die man in den zurückliegenden Jahren abgespeichert hatte. Das erste Zusammentreffen 1998 in Oxford, die legendären Ereignisse in Wien, seine Besuche in Deutschland, speziell in Köln, die Lesetouren durch die halbe Republik, die Gespräche, die gemeinsamen Erlebnisse, das letzte Zusammentreffen, die letzten Telefonate und E-Mails. Howard ist nicht mehr da und das ist schwer zu verkraften.
Er war eine beeindruckende Persönlichkeit. Es hat mich nie gewundert, dass er mal Physik studiert hat. So merkwürdig es klingen mag, es passte zu ihm. Er besaß eine enorme analytische Fähigkeit, seine Gedanken waren ungemein scharf, die daraus gezogenen Schlüsse an Rationalität kaum zu überbieten. Der Kopfmensch Marks ergab sich aus klarer überlegung dem Gefühlsmenschen Marks. Seine hedonistischen Eskapaden fußten auf Verstand, sie waren durchdacht. Er wusste nicht nur was er tat, er wusste vor allem auch warum er es tat.
Wenn jetzt die Rede vom Hanfaktivisten, vom ehemaligen Mega-Schmuggler, vom smarten Mr. Nice die Rede ist, so mag das alles stimmen, aber es ist nur ein Teil des Ganzen. Howard Marks war weit mehr. Bei aller Hektik, bei auch noch so vielen Terminen, er bewahrte sich immer eine private, fast bürgerliche Ruhezone. Zum Nachdenken. Im Mai 2010 war ich mit ihm in Halle an der Saale. Nach einer Lesung besuchten wir tags drauf das "Händel Haus". Er wollte unbedingt hin, hatte von Georg Friedrich Händel genauso wenig Ahnung wie ich. In dem weitläufigen und verschachtelten Museum verloren wir uns irgendwann aus den Augen. Ich fand ihn in einem kleinen Seitenraum wieder, wo er alleine stand und alte Aufzeichnungen studierte, Notenblätter, Instrumente. Er hörte und hörte nicht auf, sich die Dinge anzusehen. Irgendwann schaute er auf uns sagte: "Ich hätte ihm gerne einige Fragen gestellt. Man stellt einfach zu wenige Fragen, wenn man es kann."
In meinem Verlag sind seine beiden Bücher "Senor Nice" und "Dope Stories" sowie die beiden Dokumentarfilme "Howard Marks - Der Film" sowie "Dope Stories" von John Seidler erschienen. Es waren schöne und erfolgreiche Projekte, beide Bücher erschienen in zwei Auflagen, sind restlos vergriffen. Gleiches gilt für die Filme. Vielleicht ist es jetzt, wenige Stunden nach seinem Ableben zu früh, um einen umfassenden Nachruf zu verfassen und sicherlich ist es zu früh darüber nachzudenken, ob und wie man ihn mit überarbeiteten Neuauflagen posthum würdigen könnte. Sicher ist aber auf jeden Fall, dass wir sein Andenken bewahren wollen, hierzu werden wir die Homepage reaktivieren und von Zeit zu Zeit berichten.
Ich bin froh drum, ihn so oft getroffen zu haben, er hat mich bereichert, er wird sehr fehlen. Danke, Howard!
Frank Steffan
Köln, den 11. April 2016
Foto: Stephan Pick
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